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Der Melonenkönig

Eine Geschichte von Mediana Stan, Übersetzt von Nagy Katalin, Zeichnung von Ferenczi Zsolt

Es war einmal ein König, der sehr gerne Melonen aß. Deswegen nannte ihn man auch den Melonenkönig. Die Gärtner des Königs studierten seit Jahren das Anbauen der Melonen. Auch der König sah es sehr gerne, wie die Melonenpflanzen aufkeimten und die grünen Ranken über die Erde emporwuchsen. Er säte die Samen, die er von überall hergeholt hatte und er pflegte sie mit großer Geduld. Aber die Melonen verdarben, bevor sie reif wurden. Die Königin, obwohl sie auch für die Melonen des Königs Interesse zeigte, sehnte sich eher danach ein Kind zu bekommen. Sie war nicht mehr die Jüngste und sie dachte daran, dass es ihnen in ihren alten Jahren Trost spenden würde.

An einem Tag verschlief es Klette, der Page des Königs, obwohl die große Grille unter seinem Kissen ständig zirpte. So konnte er die mit Melonen gemusterten Vorhänge nicht zuziehen, noch bevor das starke Sonnenlicht das Bett des Königs erreichte. Der König erwachte, weil die warmen Strahlen auf sein Gesicht schienen und er sah wie sich durch das klare Kristallglas die Hitze der Sonne, sich in sein Schlafzimmer unbarmherzig ausbreitete. Darauf begann er zu heulen:

>>Klette! << Der Page schlief erschöpft in seiner Kammer, weil er die ganze Nacht die Melonen gegossen hatte. Er sprang aus seinem Bett und lief sofort ins Zimmer des Königs. Er wusste gleich, warum man ihn gerufen hat. 
>>Sei gnädig mein König, ich bin nicht rechtzeitig erwacht, weil …<<

>>Schweig, du Depp! Wenn das noch mal passiert, dann gehst du weg aus diesem Palast, ich schicke dich dann in den Wald die Schweine hüten und Hänschen der Schweinehirt wird an deine Stelle treten! <<

Klette zog die Vorhänge zu, auf dem die großen grünen Melonen zu sehen waren und verließ das Zimmer des Königs mit sorgenvollem Gesicht.

Er ging sein Bad nehmen, wie er das jeden Morgen in gewohnter Weise tat: er stieg bis zum Hals in die mit Wasser gefühlte Tonne hinein, mit diesem Wasser goss man auch die Melonen. Der Schweinehirt war der einzige Mensch, den er noch nicht gefragt hatte, warum die Melonen des Königs, noch bevor sie reif wurden, verdarben. Wohlan, er geht und fragt ihn, wer kann schon wissen, aus welchem Busch der Hase springt? Er kroch aus der Tonne, zog sich an, setzte sich in sein wackeliges Auto und fuhr bis zum Buchenwald, der schon von Weitem zu sehen ist. In diesem Wald werden die Schweine des Königs gemästet. Er musste schon ein wenig suchen, aber dann fand er den Schweinehirten Hänschen und er sprach zu ihm:

>>Du weißt, wie sehr unser König die Melonen mag. Wir versuchen seit Jahren Melonen anzubauen, aber nachdem die Früchte aus der Erde herauskommen, beginnen sie gleich zu verfaulen und unsere Arbeit war umsonst. Weißt du vielleicht nicht, was man tun könnte? <<

>>Es kann sein, dass das viele Regenwasser daran Schuld ist, <<- sagte der Schweinehirt. >>Aber komm morgen wieder, weil ich gerade aus dem berühmten Grünen Königreich, wo auch Melonen angebaut werden, Samen bekommen habe, die ich aber erst noch suchen muss. <<

Klette bedankte sich und fuhr zurück in den Palast. Weil er sehr viel nachdachte wegen den Melonen und der langen Fahrt mit dem wackeligen Auto, wurde er sehr müde, sodass er auch am nächsten Tag wieder verschlief und er seine Pflichten nicht nachkommen konnte.

Der König wurde schon wieder von den auf sein Gesicht scheinenden Sonnenstrahlen geweckt. Als er >>Kletteeeeee…<< rief, zersprangen die Kristallengläser der Fenster und das Schlafzimmer war mit tausenden von Glasscherben übersät. Der Page öffnete die Tür und erblickte das königliche Paar wie sie sich in ihrem Bett, das jetzt mit Glasscherben bedeckt war, aufrichteten. Klette konnte dieses Jammerbild nicht ansehen und fiel in Ohnmacht. Aber der Zorn des Königs verebbte dadurch nicht. Klette musste alle seine Sachen zusammenpacken, die er dann auf den Hintersitz des Autos warf, und machte sich auf den Weg in Richtung des Buchenwaldes, wo Hänschen, der Schweinehirt ihn schon erwartete

>>Schön das du zurückgekommen bist!<<- freute sich der Schweinehirt, als er Klette erblickte. Er lief gleich in sein Häuschen, wo er mit einem Säckchen, das an seiner Öffnung zugebunden war, zurückkehrte und dann sagte:

>>Bringe das dem König und sage dem Gärtner, er soll sie gleich morgen säen. <<

>>Der König befiehlt, dass du in den Palast zurückgehst und meine Stelle als Page einnimmst und ich soll an deiner Stelle die Schweine hüten.<<- sagte der arme Klette.

>>Hmmm, komm, wir wollen zusammen zurückkehren, meine Brüder können solange die Schweine hüten. <<

Klette sagte nichts mehr, er dachte der König wird ihm vergeben, wenn er die Samen mitbringt. Hänschen und Klette stiegen in das von der Sonne erhitzte und staubige Auto und fuhren in Richtung des königlichen Palastes.

Als sie ankamen, beratschlagte sich gerade der Melonenkönig im Thronsaal mit dem Hofrat Brennnessel. Als der König sie erblickte, wurde sein Gesicht rot vor Wut, ja sogar der lange und spitzige Bart des Hofrates erhob sich und sein schielender, verächtlicher Blick durchbohrte die Ankommenden. Klette ließ sich auf seine Knie fallen und reichte den Sack dem König:

>>Eure Majestät, diese sind die Samen aus dem Grünen Königreich! <<
Der König streckte seine Hand aus, ließ sie dann aber unschlüssig in der Luft: er sollte ja die beiden Spitzbuben bestrafen, weil sie nicht den Befehl folgten, aber irgendwie konnte er jetzt keine Strafe über sie verhängen. Er nahm das Säckchen, machte es auf und schüttete die Samen auf ein silbernes Tablett. 
>>Ihr sollt die Samen schnell säen, aber wenn wieder keine Melonen wachsen, kommen eure Köpfe auf das Tablett! <<

Häschen und Klette bereiteten die Erde vor und säten die Samen, die schnell aufgingen, Stängel und dann die Ranken austrieben. Grüne Melonen erschienen, aber dann bemerkten die Gärtner, dass dasselbe geschah wie vorher: bevor die Melonen reif wurden, verdarben sie.

Die beiden Pagen gingen kreuz und quer über das Feld, rollten alle Melonen auf die Seite und dabei bemerkten sie, dass eine Melone gesund war und weiterhin wuchs. Als sie reif wurde, nahmen die beiden Pagen die Melone ab, legten sie auf ein goldenes Tablett und zeigten es dem König und dem ganzen Hof.

Einerseits war der König froh, weil seit vielen Jahren keine Melone mehr in seinem Garten reif wurde, aber andererseits war er sehr betrübt, weil das riesengroße Feld nur eine einzige Melone hergab.

Er nahm das große silberne Messer und wollte gerade die Schale der Melone durchschneiden, als die Melone vom Tablett wegrutschte und auf die Treppen zurollte.   Alle wollten gleich die Melone fangen, bevor sie noch zersplitterte. Die Melone aber rollte und rollte, sie rollte unter den Stühlen, durch die Flure, durch die Waffenkammer, sich im Dunkeln versteckend und dann wieder ans Licht kommend und wenn jemand schon dachte, er habe sie gefangen, dann rollte sie einfach weiter und so rollte sie bis in das Zimmer des Königs hinter einen bis zum Fußboden reichenden Vorhang. Dort konnte sie niemand sehen, soviel man auch gesucht hätte.

Der König schaute überall hinein, nahm die Decken ab, sah sogar unter dem Bett nach, aber nirgendwo war die Melone zu finden. Die Nacht kam, man beendete das Suchen und man ging schlafen. Sie schlossen die Türen vom Palast und die Diener mussten aufbleiben und die Melone die ganze Nacht suchen. Sie suchten und suchten, bis der neue Tag anbrach und sie vor Ărger und Müdigkeit alle umfielen.

Am Morgen konnte dann niemand mehr die Vorhänge zuziehen, aber der König war deswegen nicht mehr wütend. Das Sonnenlicht schien geradewegs auf die Melone und als Erster erblickte sie der König.

>> Seht her, hier ist Sie! <<- sagte überrascht der König.

>>Poch! Poch! << - Klette und Hänschen betraten zitternd und mit kreidebleichen    Gesichtern das Zimmer des Königs.

>>Eure Majestät, die Melone ist wie verschlungen! <<

>>Ihr werdet gleich verschlungen sein ihr Ungeschickten! Nehmt sie! <<- und zeigte auf die Melone.

Sie hoben sie schnell auf, nahmen sie mit hinaus und der König kam, um sie endlich durchzuschneiden und zu essen. Als er aber das Messer ansetzte, rutschte die Melone wieder vom Tablett runter, rollte weg und der ganze Hofstaat lief gleich hinterher. Und wie am Tag zuvor, wenn sie dachten, dass sie sie erwischt haben, fand die Melone immer wieder ein Ausweg und rollte davon; unter den Armsesseln durch, unter einen Tisch und sogar manchmal auch hinter die Statuen. Auf einmal aber versperrte ein Hofrat ihren Weg und rief:

>>Jetzt gehtls nicht weiter! <<- aber die Melone rollte zwischen seinen Beinen durch, der Hofrat fiel dadurch hin und purzelte die Treppen zum Thronsaal hinunter.

Die Melone rollte danach in das Gartenhaus, wo die Königin saß und nähte. Sie schlüpfte unter ihren Seidenrock und legte sich zu ihren Füßen. Die Königin beendete das Nähen und stand auf um sich zu strecken, als sie auf die Melone fiel. Die Melone begann sich mit der Königin zu drehen und die Königin kicherte ein wenig. Dann begann sie sich mit der Königin im Kreise zu drehen, die aber jetzt schon aus vollem Munde lachte. Die Hofdamen liefen alle zu ihr, um zu sehen, warum die Königin so laut lacht. Sie sahen erstaunt, dass die Königin auf der Melone sich im Kreis drehte.

>>Es ist genug, Hilfe mir wird schwindlig! <<- rief die Königin und siehe ein Wunder geschah, die Melone stand still. Da ging die Königin zusammen mit ihren Hofdamen auf ihr Zimmer und die Melone rollte ihnen nach. 

Sie stellte sich vor dem Spiegel, nahm die Melone, hielt sie auf ihren Bauch und betrachtete sich von allen Seiten. Da rutschte die Melone in ihren Bauch und die Königin verwandelte sich in eine schwangere Frau, die gleich gebären sollte. Die Königin und die Hofdamen bekamen Angst, aber zugleich freuten sie sich auch.

Sie ging zusammen mit ihren Hofdamen in den Thronsaal, setzte sich auf den Thron, während der König und der ganze Hofstaat auf allen vieren hin und her kroch, weil sie immer noch die Melone suchten. Die Königin lächelte und sagte:

>>Sucht sie nicht mehr, sie ist bei mir! <<

Der König war wirklich sehr verwirrt! Er fragte sich nur: was wohl die Königin gebären wird, wenn sie eine Melone im Bauch hat? Aber als er seine Hand auf den Bauch der Königin legte, fühlte er gleich, dass in ihrem Bauch etwas Lebendiges war, so wie ein Kind im Leib der Mutter.

Nach kurzer Zeit brachte die Königin einen großen und schönen Jungen zur Welt. Der König feierte drei Tage und drei Nächte lang. Sie nannten den Jungen Prinz Melonensamen.

Prinz Melonensamen wuchs in einem Jahr so viel, wie andere Kinder in sieben Jahren. Nach der Geburt des Kindes begannen auch die Melonen im Garten des Königs zu wachsen. Sie wurden schön reif, sehr süß und schmackhaft, dass die Melonen überall bekannt wurden. Der Nachbarkönig, der Tollkirsche hieß, entschloss sich den Melonenkönig um Samen zu bitten. Klette und Hänschen, jetzt beide Hofräte, schickten ihm einige Samen, aber auf seinem Feld gingen die Samen nicht auf. Er wurde sehr wütend und machte sich mit seinem Heer auf den Weg um die Melonenfelder des Melonenkönigs zu vernichten.

Der Melonenkönig war sehr bedrückt, weil er so friedliebend war, führte er doch keine Kriege und verstand auch nichts davon. Aber sein Sohn, Prinz Melonensamen tröstete ihn:

>>Mach dir keine Sorgen Vater!<<- Er pfiff und die Melonen stellten sich in eine Reihe und schon rollten sie gegen den Feind.  Sie rollten so schnell und stark, dass alle Soldaten auf den Rücken fielen. Prinz Melonensamen auf einem Pferd sitzend, ritt hinter ihnen und mit seiner Flinte schoss er auf die Feinde. Die Schlacht war an einem Tag beendet und der Feind vernichtet.

Nach einem Jahr zog König Tollkirsche wieder gegen den Melonenkönig in den Krieg. Aber jetzt war sein Heer doppelt so groß, doch auch auf dem Melonenfeld waren zweimal so viele Melonen wie ein Jahr zuvor gewachsen.

Die Soldaten des Melonenkönigs bauten Katapulte und schossen auf den Feind mit Melonen, bis alle feindlichen Soldaten vernichtet waren.
König Tollkirsche gab aber nicht auf. Er rief den Rat seines Landes zusammen und sie beschlossen erst die Melonen zu vernichten und dann den Melonenkönig. Doch wie soll das geschehen?

Sie ließen ein Heer von hungrigen Hamstern auf die Melonenfelder los, damit sie die Melonen vernichten. Doch König Tollkirsche war ganz erstaunt, als er sah, dass unter der Führung des Prinzen Melonensamen ein riesiges Heer von satten Hamstern gegen sie zieht. Ein harter und zäher Kampf begann.

Auf einmal erschien mitten auf dem Kampffeld ein weißer Ritter. Seine langen Locken schauten unter seinem Helm hervor. Er nahm seinen Helm ab und es war niemand anderes als die Tochter vom König Tollkirsche, sie war so schön wie die Sonne. Sie rief:

>>Prinz Melonensamen, stelle bitte den Kampf ein und ich verspreche dir, dass ich dich heiraten werde! <<

Der Prinz bewunderte sie lange, die Handfläche über seinen Augen haltend. Daraufhin stellte er sofort  den Kampf ein und verkündete den Frieden. Zusammen mit der schönen Prinzessin und mit ihrem Vater, König Tollkirsche, kehrte der Prinz in den Palast seines Vaters zurück. Hier feierten sie drei Tage und drei Nächte lang Hochzeit. König Tollkirsche schenkte den jungen Paar zur Hochzeit ein Viertel seines Königreiches, aber weil er so geizig war, verlangte er es nach einiger Zeit wieder zurück. Prinz Melonensamen und seine junge Frau lachten nur darüber. Sie gaben ihm die Felder zurück, die jetzt sogar Melonen trugen. Sie lebten glücklich und zufrieden und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.