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Der Krokowal mit schwerem Kopf

 Eine Geschichte von Molnár Imola, Übersetzt von Iulia Dondorici, Zeichnung von Moldován Mária

Imrod, der kleine Krokowal wohnte am Ufer der salzfreien Lagune. Er war ein Lebewesen halb Krokodil, halb Wal. Den schwarz-weiß karierten Kopf hatte er von seiner Mutter, dem fliegenden Wal und den mürrischen Charakter von seinem Vater, dem Krokodil.  
Eines schönen Morgens wachte Imrod auf, ging zum Ufer und schaute sich im Wasserspiegel an:
„Ach du meine Güte! Mir sind Flügel gewachsen! Sie sehen genauso aus, wie die von meiner Mutter – weiß und schuppenförmig rief er und schaute sich ganz genau die Flügel an, die gerade aus der Haut heranwuchsen. „ich werde wahrscheinlich eine Libelle oder ein Polizeihubschrauber sein!”
            Der kleine Krokowal sprang schnell zu den Felsen, kletterte hoch auf die Spitze, breitete seine Flügel aus und sprang herunter. Plitsch-platsch! Das Wasser plätscherte und Imrod tauchte bis zum Grund. Ganz schön enttäuscht paddelte er mit seinen Flossen wie  Löffel bis zum Ufer. Dort setzte er sich auf einen Stein:
            „Diese Flügel sind sinnlos. Ich will Flügel, die von allein fliegen so wie die von einem Polizeihubschrauber.“
            Als er dort saß und lange überlegte, was jetzt weiter zu tun ist, fühlte er plötzlich einen Stich in seiner Hüfte.

“Geh weg! Das ist mein Stein!”, sagte Glatzkrähe, eine schwarze Krähe und er sticht Imrod mit seinem spitzen Schnabel. 
            „Ich gehe nicht weg! Ich war als Erster da!”, sagte der kleine Krokowal.
„Das ist aber mein Stein!”, erwiderte böse die Glatzkrähe. 
            „Ich gehe so lange nicht weg, bis ich Flügel bekomme, die allein fliegen können!”, antwortete Imrod.
„Aha, deswegen sitzt du hier und schmorst im eigenen Saft? Wenn du meinen Stein frei machst, gebe ich dir einen magischen Stein. Du musst den Stein herunterschlucken und dir werden richtige Flügel wachsen, die von allein fliegen können!”, sagte Glatzkrähe und dabei drehten sich ganz schnell ihre Augen. 

„Abgemacht! Gib mal den Stein!“ Imrods Augen strahlten und sein Herz schlug höher. 
            Glatzkrähe nahm unter seinen schwarzen Flügel ein Stück Zeitung hervor und gab es dem Krokowal.
             “Es ist der magische Kürbiskern. Mit den allein fliegenden Flügeln ist es doch nun eine Kleinigkeit bis zur Milchstraße zu fliegen”, sagte Glatzkrähe. 
            Imrod nahm das Zeitungsstück, nahm den magischen Kern heraus und schluckte ihn sofort herunter.
„Jetzt überlasse ich dir den Stein! Ich brauche ihn nicht mehr, da ich jetzt eine Libelle oder besser gesagt ein Polizeihubschrauber sein werde! Meine Flügel, fliegt bis zu der Milchstraße!”, befahl Imrod.
            Der kleine Krokowal blieb aber unbeweglich neben dem Stein. Die Flügel haben ihn nicht bis zu der Milchstraße gebracht, stattdessen fühlte er, dass sein Kopf immer schwerer wurde. Die Glatzkrähe setzte sich auf den Stein und fing an laut zu lachen:
„Kro-ko-wal mit schwe-rem Kopf! Kro-ko-wal mit schwe-rem Kopf!“ 
Imrod war sehr erbost. Er machte ein paar Schritte bis zum Wasser und schaute sich aus einem Augenwinkel in dem Wasserspiegel an. Er sah, dass er statt seines schwarz-weiß karierten Kopfes jetzt einen riesigen Kürbis hatte.

“Du hast mich reingelegt, du Glatzkopf!”, schrie Imrod. Er ging ganz wütend in Richtung Glatzkrähe, aber Imrod stolperte und verletzte sich am Kopf. Der Kürbis platzte und der Kürbissaft färbte die Steine gelb.
Mitleidig sagte die Glatzkrähe:
„Komm, ich bring dich zur Fee Tetiana- Kleiner Zopf ….  Sie kann dich wieder heilen. Ihre Apotheke ist ja gleich hier, hinter den drei Felsen”.
Imrod sagte kein Wort, er humpelte hinter der Glatzkrähe her und hielt sich dabei den verletzten Kopf fest. 
            „Verbandzeug! Schnell Verbandzeug! Der Kürbis ist geplatzt!”, krächzte Glatzkrähe.
            Die Fee Tetiana- Kleiner Zopf hatte noch nie in ihrem Leben ein Krokowal mit einem so schweren Kopf gesehen. Sie gaffte zu dem riesigen Kürbis. 
            “Ich möchte nur ein ganz normaler Krokowal sein”, quengelte Imrod.
            Die Fee Tetiana – Kleiner Zopf nahm das Verbandzeug aus dem Regal und verband gut damit den Kürbis.

Sie ging ins Lager wühlte dort herum und dann kam sie wieder heraus. In einer Hand hielt sie einen Löffel mit warmer Schokolade und in der anderen Hand hatte sie ein Fläschchen mit Zaubermöhrenpaste.
            „Es ist eine magische Paste. Sie beinhaltet weiche Hühnerleberstückchen, Wilddillsaft und Möhrenpaste. Du musst die Paste zusammen mit der Schokolade einnehmen und du wirst sehen, dass der Kürbis sofort verschwindet“, sagte die Fee.
            Imrod bedankte sich für die Zaubermöhrenpaste und für die warme Schokolade und ging ganz betrübt zur Tür.
            „Warte einen Moment!“, rief der Glatzkrähe hinter ihm her, aber der kleine Krokowal hatte nicht mehr auf sie gewartet. Imrod ging mit seiner Möhrenpaste und mit seiner warmen Schokolade zum Ufer der salzfreien Lagune, kletterte auf den Fels und machte die Flasche auf. 
            „Pfui, ich mag keine weiche Hühnchenleber, ich mag keinen Wilddillsaft und ich mag auch keine Möhrenpaste ... aber die warme Schokolade ist sehr lecker!“ 
            Imrod aß die ganze warme Schokolade auf und warf die Zaubermöhrenpaste in einen Busch. Von den ersten Schneeglöckchen im Frühling bis zum Fallen der Blätter im Herbst hat er darauf gewartet, dass sein Kürbis verschwindet, aber umsonst. Kürbis war und Kürbis blieb!

Als die Zeit gekommen ist, dass die Zugvögel in die warmen Länder reisen, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und ging wieder zu der Fee. Er bekam wieder eine Flasche Zaubermöhrenpaste, aber die warme Schokolade hatte sie nicht mehr auf Lager. 
            „Ich wollte eine Libelle oder ein Polizeihubschrauber sein und stattdessen bin ich ein Krokowal mit Kürbiskopf und klumpigen Flügeln“, sagte Imrod weinend.
            „Warum heulst du wie ein Schlosshund?“, fragte Gekräuselte Wimper, ein rosa Krokowal, der gerade über die Felsen flog. Das Schwingen der Flügel konnte man sogar bei der Fee hören.
            „Schau mal, was für einen Kürbis mir auf den Schultern gewachsen ist! Ich habe die warme Schokolade aufgegessen und die Zaubermöhrenpaste habe ich weggeschmissen“ seufzte Imrod. „Was ist das für ein Lärm? Hast du keine Flügel, die allein fliegen können?“

„Ich hatte mal welche“, sagte Gekräuselte Wimper, der neben Imrod landete. „aber ich musste ständig Benzin nachtanken und als ich einmal über Pazifik flog, blieb ich ohne Treibstoff und bin abgestürzt. Bis zum Meeresgrund bin ich getaucht. Seitdem habe ich die Flügel, die allein fliegen können aufgegeben und bin nie mehr abgestürzt. Wenn ich müde werde, dann ruhe mich auf den Wolken und Regenbogen aus“.
„Ich kann aber mit so einem schweren Kopf nicht fliegen. Die Fee hat mir eine neue Flasche von der Zaubermöhrenpaste gegeben, aber sie hat keine warme Schokolade mehr. Ich werde mein ganzes Leben ein irdischer Krokowal bleiben, ein Krokowal mit schwerem Kopf!.“      
„Wie wäre es“, fing die Gekräuselte Wimper an etwas zu sagen.
„Was denn?“, fragte Imrod.
„Wie wäre es, wenn du den Geschmack der warmen Schokolade auf deiner Zunge fühlst und in deinen Gedanken stellst du dir vor, dass du die Schokolade mit der Zaubermöhrenpastete zusammen einnimmst. So könnte es doch funktionieren!“ 
            „Komm, ich probiere es aus. Zu verlieren habe ich ja doch nichts“, sagte Imrod. Er fing an sich vorzustellen, dass auf seiner Zunge nicht nur ein Löffel Schokolade, nicht einmal eine Suppenkehle voll mit Schokolade, sondern ein ganzer Eimer voll mit Schokolade war und mit einer Bewegung schluckte er die Zaubermöhrenpaste herunter. Der Kürbiskopf fing langsam an kleiner zu werden, zuerst auf die Größe eines Apfels, danach die einer Sauerkirsche, bis der kleine schwarz-weiß karierte Kopf des Krokowals zum Vorschein kam.
Vor Freude schlug Imrod seine Flügel und flog zu den Wolken:
„Ich bin jetzt eine Libelle, ein Pelikan, ein Polizeihubschrauber! ...Ich fliege mit meinen eigenen Flügeln.“