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Meine freundin, Fauline

Eine Geschichte von Alina Nelega, Übersetzt von Erika Kommer, Zeichnung von Liviu Boar
Interpretiert von Inge Ziegler

Es war einmal ein Morgen, an dem meine Freundin, Fauline keinesfalls in die Schule gehen wollte. Umsonst flehte sie ihre Mutter an, doch die Mutter sagte:

„Fauline! Ich hab dir die Zahnbürste und die Zahncreme vorbereitet, komm, wasch dich!“ Fauline streckte sich und gähnte nur.

„Fauline, aufwachen! Es ist schon zehn nach sieben, Tee und Butterbrot sind fertig!“ Fauline murrte.

„Fauline, es ist Viertel nach sieben, du musst dich beeilen!... Fauline, hast du deine Schulsachen eingepackt?“

„Ich gehe nie mehr in die Schule. Ist das klar? Ich will schlaaaaaafen!“ Sie drehte sich auf die andere Seite und begann sogar leicht zu schnarchen. Die Sache war aber gar nicht so einfach, weil – obwohl Fauline nicht zur Schule gehen wollte – ihre Füße es wollten. So begannen sie an Fauline zu ziehen:

„Fauline, Fauline, es ist zwanzig nach sieben, komm, gehl mal in die Schule... Fauline, wir sind bereit! Komm, Fauline, raus aus dem Bett!“

„Ich gehe nirgendwohin! Ich will schlafen! Ihr könnt gehen, wenn ihr wollt, ich bleibe aber hier!“

So geschah es, dass sich die Füße von Fauline auf den Weg machten, während sie weiter schlief. Es dauerte nicht lange und auch die Hände von Fauline fingen an, das Mädchen zu nerven:

 „Fauline, Fauline, komm schon! Es ist fünfundzwanzig nach sieben, gehen wir in die Schule! Wir langweilen uns zu Hause, bring uns zur Schule! Komm, Fauline, komm...“

 „Es fällt mir nicht im Traum ein! Ihr sollt gehen, wenn ihr wollt, ich will aber schlafen!“

 Und die Hände beeilten sich in die Schule zu kommen, um sich nicht zu verspäten, denn – wie ihr wisst – Hände laufen nicht so schnell wie Füße. Fauline schlief und schlief und es störte sie nicht, dass ihre Füße und Hände in die Schule gegangen waren. Nach einer Weile begann auch der Bauch von Fauline zu schreien:

„Fauline, beweg dich! Es ist halb acht... Ich bin hungrig und brauche Bewegung! Bringl mich zur Schule, sonst gehe ich auch allein hin!“

 „Oh, mein Gott, welchl ein Lärm! Geh schon und lass mich schlafen!“ Der Bauch, nachdem er das Butterbrot verschlungen und den Tee geschlürft hatte, ging auch zur Schule, polternd und schleichend, damit ihn niemand sieht und sich erschreckt, weil ein Bauch, der auf den Straßen umherstreift, nicht eben ein gewöhnlicher Anblick für alll die schlauen Kinder ist, die sich zu der ersten Stunde nie verspäten. Fauline schlief inzwischen sorglos, aber ohne Füße, Hände und Bauch. Sie kümmerte sich nicht darum, aber ihre Ohren begannen zu schreien und zwar sehr laut, weil die Ohren normalerweise sehr laut schreien:

 „Fauline, es ist fünfundzwanzig vor acht! Stehst du auf .... oder was?! Willst du dich wieder verspäten? Fauline, hör zu, Fauline! He du! Bist du taub?“

 „Weißt du was? Ich hab euch alle satt! Geht alle weg und lasst mich in Ruuuuuuhe schlaaaaaafen!“

Die erschrockenen Ohren machten sich auf und davon, samt Ohrringen und Fauline schlief weiter ohne Füße, ohne Hände, ohne Bauch und ohne Ohren ... traumverloren. Nach kurzer Zeit begann aber auch ihre Zunge sich zu beunruhigen. Sie wusste nicht ganz genau wie sie zur Schule gehen sollte und hatte Angst, alleine Entscheidungen zu treffen, so versuchte sie zuerst, Fauline zu wecken:

 „Fauline! Du, Fauline! Es ist zwanzig vor acht... Fauline...!“

 Fauline hatte aber keine Ohren mehr, so konnte sie nicht mehr hören. Die Zunge hatte also keine andere Wahl: fasste Mut, machte sich auf den Weg und ließ Fauline fröhlich schlafen. Was machte das schon aus, wenn sie keine Füße, keine Hände, keinen Bauch und keine Ohren mehr hatte? Sie brauchte sowieso keine Zunge...

 Bald begannen die Haare von Pauline um ihren Kopf herumwirbeln. Sie sahen, dass die Ohren weg waren und sie hatten auch große Lust zu gehen. Sie überlegten, wie sie Fauline wecken könnten. Sie begannen an ihr zu ziehen. Sie zogen sich nach rechts und nach links, dann nach oben und nach unten, strengten sich kräftig an, aber Fauline wachte nicht auf.

Also hatten die Haare auch keine andere Wahl und liefen schnell in Richtung Schule, leicht in der Luft schwebend. Jemand versuchte – mit Mühl und Not, aber tapfer, das muss man zugeben – mit ihnen Schritt zu halten: das Gehirn von Fauline. Es war auch besonders aufgeregt, dass es sich verspäten wird. So kamen sie keuchend und schwitzend Punkt acht Uhr an und fielen in die dritte Bank auf den rechten Sitz, neben der Wand, wo die Füße, die Hände, der Bauch, die Ohren und die Zunge schon warteten.

 Der Herr Lehrer musste kommen und sie hatten große Angst, dass er bemerkt: Fauline fehlt. Die Tür öffnete sich leise, genau um acht Uhr und es wurde still. Die Kinder standen auf... und ratet mal, wer hereintrat)?:

„Fauline!“

„Hab ich euch erwischt! Ihr seid schon wieder ohne mich in die Schule gegangen! Schämt euch! Es ist nicht schön), was ihr getan habt! Fast hab ich mich wegen euch verspätet! Ihr habt keine Ahnung, wie schwer es ist, ohne Füße, Hände, Bauch, Ohren, Haare und Gehirn zur ersten Stunde anzukommen! Lasst mal sehen, schämt ihr euch oder nicht?

Die Füße, die Hände, der Bauch, die Ohren, die Zunge, die Haare und das Gehirn konnten aber nicht einmal zu Wort kommen, geschweige denn sich zu schämen, denn die Tür öffnete sich wieder und diesmal kam tatsächlich der Herr Lehrer herein.

Fauline hatte kaum noch Zeit, sich sehr-sehr-sehr schnell in ihre Bank zu setzten.

So sind letztendlich alle noch einmal davongekommen. Und das war das letzte Mal, dass so etwas passiert ist. Ich schwöre euch, Kinder: Seitdem sind die Füße, die Hände, der Bauch, die Ohren, die Zunge und das Gehirn nie mehr ohne meine Freundin, Fauline in die Schule gegangen.